Das war’s dann wohl, Social Media!
Zugegebenermaßen, ich habe lange darüber nachgedacht, worüber ich diesen Monat in meinem Blog schreibe. Erst kam mir das Thema Achtsamkeit in den Sinn, doch das hätte für meine aktuellen Zeitressourcen zu viel Recherche verlangt. Dann ist mir aufgefallen, dass ich zu dem Thema einen indirekten Zugang gefunden habe, über den ich schreiben möchte. Dass der Beitrag so spät kommt, hat im Endeffekt zwei Gründe: Ersten war ich auf Urlaub und zweitens wollte ich die ganze Materie, für die ich mich entschieden habe zu schreiben, auch über den Urlaub beobachten:
Ich habe im Dezember 2023 beschlossen, keine sozialen Medien mehr zu verwenden.
Mein Facebook-Profil ist stillgelegt. Ob man auf meinen Business-Acount noch zugreifen kann, weiß ich gar nicht. Instagram habe ich jedochn nicht gelöscht, weil ich seit Ewigkeiten schon jeden Tag ein Hunde-Reel teile. Damit wollte ich dann auch wieder nicht aufhören – und darin lag aber die große Herausforderung: Instagram öffnen, ein Hundereel teilen, Instagram schließen. Das war nicht einfach, das kannst du mir glauben! Nach wie vor passiert es manchmal, dass ich noch den Text unter dem obersten Post lese, oder eine Story von jemand für ich wirklich interessantem ansehe. Insgesamt dauert das ganze aber maximal 2 bis 3 Minuten.
Zu Beginn war dieses Vorhaben tatsächlich gar nicht so schwierig, das hat mich sehr überrascht. Die Apps habe ich teilweise gelöscht, oder auf meinem Smartphone „versteckt“. Dadurch wurde die Versuchung viel kleiner, doch mal auf Instagram zu schauen. Außerdem hätte ich garantiert öfters unbewusst und vollkommen automatisiert die App geöffnet.
Dann habe ich beobachtet, wie ich versucht habe „Ersatzdrogen“ zu finden. Ich habe eher weniger sinnbehaftete Artikel in News-Portalen am Telefon gelesen, bis mir bewusst wurde, dass ich gerade eine Ersatzhandlung durchführe. Mir das einzugestezen hat die Konsequenz mit sich gebracht, dies ebenso zu unterlassen.
Um Leerläufe zu Beginn sinnvoll zu nutzen, habe ich einen Ordner erstellt, in diesem befinden sich Apps wie Udemy (Lernplattform), E-Reader, Duolingo, oder andere Apps, mit denen ich meine Zeit sinnvoll nutzen kann. Auf lange Sicht ist es jedoch das Ziel, Leerläufe nicht am Display zu verbringen. Dies war nur eine Übergangslösung und hat gut geholfen.
Auf lange Sicht ist es tatsächlich doch nicht so einfach, das Vorhaben durchzuziehen. Manchmal vermisse ich es schon ein bisschen, mich mal komplett zu verlieren. Trotzdem wird mir immer mehr bewusst, wie viele Auswirkungen mein Social Media- Entzug hat, weshalb ich sehr hartnäckig weiter dranzubleibe. So gut wie alle Auswirkungen sind positiv.
Das Einzige, was mir vorenthalten bleibt, sind meine „Reelationships“, also Freundschaften, in denen ich viel über Instagram kommuniziere. Aber die verlagern sich doch mehr auf WhatsApp. Echte Freunde verliert man also nicht. …naja und vielleicht ist somit eine erfolgreiche Influencerin an mir verloren gegangen, … oder auch nicht ; ).
Insgesamt hat sich meine Bildschirmzeit drastisch verringert, und so gut wie alle Auswirkungen auf diese Maßnahme sind positiv.
(Vorweg muss ich sagen, dass es sich hier lediglich um meine Beobachtungen handelt, diese unterliegen keinen wissenschaftlichen Belegen!)
- Meine Wahrnehmung von Zeit hat sich deutlich verändert. Wenn ich über die Mittagszeit eine Pause von 5 Stunden habe, kommt mir das nicht mehr viel zu kurz vor, sondern ich habe das Gefühl, ich kann diese 5 Stunden unglaublich produktiv nützen. Auch mein eigenes Training geht sich mittlerweile öfters mal in dieser Zeit aus.
- Das könnte unter anderem auch daran liegen, dass sich meine Konzentration verbessert hat. Ich schaffe es eher, an einer Aufgabe dranzubleiben, und diese abzuschließen, ohne drei andere ToDo’s parallel zu bearbeiten. Dies ist eine subjektive Beobachtung, trotzdem fühle ich mich weitaus weniger, als wäre ich ein bisschen ADS-lerin.
- Früher habe ich gern Ewigkeiten Reportagen, oder teilweise doch eher stumpfinnige Videos auf YouTube angesehen. Dies zu reduzieren war kein Vorsatz, doch auch auf YouTube verbringe ich signifikant weniger Zeit. Mir ist bewusst geworden, wie viel sinnvoller ich meine Zeit nutzen kann.
Letztens hat eine Yoga-Teilnehmerin im Auto vorm Haus gewartet und nicht mitbekommen, dass mit dem Auto angekommen bin, das Tor geöffnet habe, in den Hof gefahren bin und das Tor wieder geschlossen habe. Als ich an ihr Autofenster geklopft habe, ist sie erschrocken und meinte: „Das hab‘ ich nicht mitbekommen. Ich bin IM Handy gewesen.“
- Ich glaube nicht, dass ihr bewusst gewesen ist, dass mir durch diese Wortwahl klar wurde, dass ich bei Social Media Dinge angesehen habe, die ich gerne mag und mache, mir Social Media aber mir zu viel Zeit geraubt hat, in der ich diese Dinge einfach tatsächlich gemacht hätte.
- Wie ist es, Urlaub zu machen, ohne Fotos und Videos auf Social Media zu teilen? Eingentlich gar nicht so schlimm. Freunden kann man sowieso privat Fotos schicken. Oberflächlichen Smalltalk von Social Media Followern habe ich mir erspart, und in der Zeit, in der ich Dinge gepostet hätte, habe ich noch mehr erlebt und gesehen. Ich hatte viel mehr Urlaubsfeeling, war viel mehr weg – auch mental. Das ist schwierig zu beschreiben, aber absolut erlebenswert 😉
Und was hat das ganze jetzt eigentlich mit Achtsamkeit zu tun? Die Wahrnehmung meiner Umgebung hat sich ein wenig verändert, denn Warten, Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, oder andere Situationen, in denen man gewöhnlich sein Smartphone in der Hand hat, sind zu Situationen geworden, in denen ich zum Beispiel wirklich Warte. …oder aus dem Fenster schaue, wenn ich im Zug sitze, und solche Leerläufe sogar wirklich als Erholungszeit nutze.
Mein Fazit bislang: Zugegebenermaßen: Ich erwische mich hin und wieder nach wie vor dabei, mein Handy zu entsperren und aufs Display zu starren. Dann weiß ich gar nicht, was ich in dem Moment damit machen sollte, und packe es wieder weg. Es ist erschreckend, wie großen Einfluss eine scheinbar so kleine Sache auf unser Leben hat. Doch auch wenn es nach wie vor hin und wieder – aber immer seltener – nicht ganz so leichtfällt, möchte ich definitiv nicht mehr, dass soziale Medien meine Zeit schlichtweg auffressen. Und während ich gerade diesen Artikel schreibe, fällt mir auf, wie drastisch das ganze Thema ist, denn ich bin bestimmt nicht allein in diesem Verhalten. Einerseits scheint es so harmlos zu sein, andererseits haben soziale Medien auch auf vielen, anderen Ebenen so enormen Einfluss auf unser Leben, unsere Kommunikation, unser Konsumverhalten, auf unsere Körperbilder, unsere Psyche, und ganz bestimmt auch auf unser Gehirn. Diese Betrachtungsweise ist es definitiv wert, die Materie kritisch zu hinterfragen.
Hier geht’s weiter mit Teil 2: Beam me up!