Von Pocahontas zu P!nk

Dieser Blogeintrag behandelt ein Thema, das mir persönlich am Herzen liegt, nämlich das traditionelle, klischeehafte Frauenbild in unserer Gesellschaft. „Nicht noch ein Gender-Thema“, denkt ihr jetzt sicherlich, da wir doch sowieso schon überall mit dieser Problematik konfrontiert werden.

Doch mein Zugang macht tatsächlich Spaß. Ich habe im Juni 2013 mein Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft mit einer Diplomarbeit zum Thema der Darstellung der Frau im Disneyfilm abgeschlossen. Somit habe ich also tatsächlich ein halbes Jahr meines Lebens den Frauen im Disneyfilm gewidmet. „Du musst für deine Diplomarbeit Disneyfilme anschauen? Cool!“. Hätte ich für diesen Satz jedes mal einen Euro bekommen, wäre ich heute reich. Aber auch Disneyfilme können einem schnell mal zum Hals raushängen. Knapp zwei Jahre später war ich soweit therapiert, dass ich mir Disneyfilme wieder gerne ansehe, vor allem ohne zwanghaft das Verhalten oder das Aussehen weiblicher Protagonistinnen analysieren zu müssen.

Doch warum ist mir das Thema jetzt eigentlich nach wie vor so wichtig? In erster Linie muss ich gestehen, dass ich als Kind offenbar selbst zu viele Disenyfilme gesehen habe und mein Schönheitsideal dadurch sehr stark geprägt wurde. Zumindest bis zum Zeitpunkt meiner Diplomarbeit. Für mich war bis dato das ideale Frauenbild gekennzeichnet von Merkmalen wie langem, vollem Haar, großen Kulleraugen und einem umwerfenden Lächeln, das von einem zum anderen Ohr reicht. Die Prinzessinnen Pocahontas, Arielle und Jasmin waren meine absoluten Favoritinnen. Der Einfluss der Walt-Disney-Company ist größer, als man als Konsument annimmt.

Vor allem in den Vereinigten Staaten von Amerika ist es kaum möglich, diesem auszuweichen. In Europa ist der Einfluss zwar kleiner, wird aber trotzdem unterschätzt. Die Botschaften, welche in den Filmen vermittelt werden, werden von Eltern sehr schnell als harmlos eingestuft. Trotzdem werden viele der Inhalte von ihren RezipientInnen ernster genommen und adaptiert, als man denkt. Selbst mir ist beim Schreiben meiner Arbeit bewusst geworden, welchen Einfluss Disneyfilme vor allem auf mein Schönheitsideal gehabt haben. Das erschreckende an dieser Sache ist, dass es sich hier „nur“ (ich will den Einfluss an dieser Stelle nicht harmloser wirken lassen, als er tatsächlich ist) um Disney-Filme handelt. Wir sind umgeben von Werbungen, Plakaten, Abbildungen und anderen Medien, die uns vorgeben, wie wir idealerweise auszusehen zu haben. Dies gilt sowohl für Frauen, als auch für Männer. Und das tragische daran ist, dass es praktisch unmöglich ist, einem solchen gephotoshoppten Ideal gerecht zu werden.

Folgende Passage, die mir selbst zwei Jahre nach dem Schreiben meiner Arbeit sehr gut in Erinnerung geblieben ist, ist folgende:

Wie lässt sich definieren, was wir als schön empfinden, und auf welche Weise überformen die Medien kulturelle und individuelle Schönheitskonzepte? Der Inszenierungseffekt ist für den Bereich der Medienvermittlung ein wichtiger Erklärungsansatz und besonders relevant. Dieser Erklärungsansatz geht in der Beschreibung von Schönheit nach Deuser, Gläser und Köppe von Folgendem aus:

„Daß [sic!]Schönheit etwas ist, das über den Durchschnitt hinausragt. Als Kombination seltener oder ungewöhnlicher Qualitäten definiert, beruht der Wert der Schönheit demnach darauf, daß [sic!] immer diejenigen Eigenschaften als Ideal festgelegt werden, denen nur wenige entsprechen können. So hat Schönheit auch eine ausschließende Funktion, denn die wenigen, die über das Ungewöhnliche verfügen, werden von den vielen, bei denen das nicht der Fall ist, abgegrenzt.“

Deuser, Karin; Gläser, Elisabeth, Köppe, Daniela, Zwischen Schönheit und Wahn, Berlin: Zyankrise, 1995.

So gesehen ist es wirklich kein Wunder, dass kaum eine Frau mit ihrem Aussehen zufrieden ist. Mittlerweile stufe ich mich selber prinzipiell als sehr Einfluss-resistent ein. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass sich jeder in seinem Körper wohlfühlen sollte, egal was die anderen sagen. Man soll sich so geben und sein Aussehen so gestalten, wie es einem selbst gefällt – egal, wie andere das beurteilen. Ich nenne das den „Wurschtigkeits-Faktor“. Ob nun kurze oder lange Haare gerade im Trend sind, oder es „in“ ist, sich Hornbrillen aufzusetzen, obwohl man keine Sehschwäche hat- jeder soll also machen, was ihn/sie glücklich macht, was der Rest darüber denkt oder davon hält sollte irrelevant sein.

Das Schreiben der Diplomarbeit hatte für mich persönlich eine therapierende Wirkung. Dies kann man auch an meiner eigenen, äußeren Wandlung erkennen. Früher hatte ich immer sehr, sehr lange, schwarze Haare. Mittlerweile ist es mir egal, ob meine Haare mal kürrzer, ganz kurz, oder länger sind. Auch mit Farben und Frisuren war seitdem alles dabei. Aber auch meine Idole, oder zu mindestens das Ideal des Aussehens ist nicht mehr das Gleiche. Mich persönlich motiviert P!nk unglaublich. Aber nicht nur wegen ihrem Gesang, sondern wegen ihrem beneidenswerten, sportlichen Körper.

Genau an dieser Stelle komme ich zu dem eigentlichen Punkt, der mir sehr am Herzen liegt: Oft werden Frauen, die viel Sport betreiben, als nicht feminin bezeichnet. Da sind die Oberarme oder die Beine schnell mal zu muskulös und die Schultern zu breit. Mein eigener „Wurschtigkeits-Faktor“ ist hoch genug, damit mich solche Urteile anderer kalt lassen. Oft genug höre ich Aussagen wie „für das Kleid hast du viel zu muskulöse Beine.“ Mich kümmert so etwas nicht, aber trotzdem gibt es vor allem im Bereich des Kraftsports ausreichend Frauen, denen man ihre Passion für den Sport sehr deutlich ansieht. Leider können nicht alle Frauen über einem solchen Urteil stehen und nehmen solche Kritik persönlich und verletzend oder kränkend auf. Dabei sollten alle Frauen, die eine gute Muskulatur aufgebaut und sich gut in Form gebracht haben, stolz auf sich sein. Denn es braucht viel Disziplin, Zeit und Motivation, um seinen Körper auf ein hohes Leistungsniveau zu bringen. Und vor allem die Männer, die das Aussehen sportlicher Frauen kritisieren, sollten selbst mal anfangen, etwas für ihren Körper zu machen, anstatt diejenigen, die das bereits tun zu kritisieren.

Zusammenfassend möchte ich hier einfach allen LeserInnen Mut machen! Lasst euch nicht von irgendwelchen Idealbildern beeinflussen, vergleicht euch nicht mit Models und den in den Medien dargestellten und manipulierten Frauen- und Männerbildern. Wenn ihr euch mit jemandem vergleichen möchtet, dann mit euch selber. Nämlich mit eurem ich- also eurem Aussehen und euren Leistungen von gestern. Und solange man mit sich selbst zufrieden ist, egal ob sportlich, normal schlank oder auch mit ein paar Kilos mehr, darf man Kritik von anderen auch mal einfach mit einem Lächeln begegnen!